Technik
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Über die Vorteile alter Technik

Im letzten Artikel habe ich angekündigt, dass ich mit „alten“ Dingen noch weitere Vorteile verbinde. Diese möchte ich in den folgenden Zeilen näher erläutern.

Während wir bis Mitte/Ende der 2000er Jahre zumeist ein Gerät für eine Aufgabe hatten, werden heute immer mehr Funktionen in ein Gerät gepresst.
Allen voran ist natürlich das Smartphone zu nennen. Mobiltelefone waren mal einfache mobile Telefone. Heute sind es vollwertige Computer mit Internetzugang, Fotokamera und Camcorder, Musik- und Videoabspielgerät, Spielekonsole, Taschenlampe und noch so vieles mehr. Mit TVs ist in den letzten 5 Jahren ähnliches passiert. Und zuletzt war es die Uhr, die vermeintlich smarte Funktionen erlernte.
Aber ich behaupte mittlerweile, dass es eher kontraproduktiv ist, Gerät zu nutzen, die viele Funktionen vereinen. Für mich sprechen folgende Argumente für Geräte, die nur wenige Funktionen ausüben:

  • Geräte mit vielen Funktionen können zwar mehr, aber vieles nicht perfekt: Beispielsweise sind Fotos der aktuellen Smartphones ausreichend gut. Aber meine Digicam aus dem Jahr 2012 macht dann doch wesentlich bessere Bilder und Videos. Dazu hat sie Funktionen, die ein Telefon nicht bieten kann, die ich aber sehr zu schätzen weiß, wie z. B. einen optischen Zoom.
  • Bessere Qualität: Neulich habe ich ein MiniDisc-Rekorder gekauft. Mal abgesehen davon, dass dieses Gerät mehr als günstig war, ist die Qualität auch im Längen besser, als bei Musik von meinem Smartphone. Das ist auch nicht weiter verwunderlich: Kombinierte Geräte sind immer ein Kompromiss. Hat ein Gerät aber nur eine Funktion, so muss es auch eine gewisse Qualität bieten, um einen Kauf zu rechtfertigen (oder es ist einfach nur billig und damit eher minderwertig in der Qualität).
  • Ständige Unterbrechungen: Wer kennt das nicht? Es läuft ein toller Song über das Smartphone und dann bimmelt es laut über die Musik hinweg, weil eine (belanglose) Nachricht hereinkam? Natürlich kann man das alles irgendwie ein- bzw. ausstellen. Aber trotzdem wird meine Aufmerksamkeit ständige von einem Punkt zum nächsten geschickt, anstatt konzentriert bei der Sache zu bleiben.
  • Konzentration auf das Wesentliche: Konzentration ist auch bei diesem Stichpunkt der wesentliche Punkt. Mein Smartphone lenkt mich nicht nur durch Unterbrechungen ab, sondern verleitet mich auch schnell mal andere Sachen zu machen, als ich eigentlich wollte. Schnell schaut man mal eben schnell in den sozialen Medien oder den Mails rein, weil man das Telefon ja sowieso gerade in der Hand hat.
  • Keine Werbung: Vielleicht ein bisschen weit gegriffen, aber „smarte“ Geräte sind wunderbare Geräte, um Werbung anzuzeigen. Das kann der Reader- oder die Podcast-App sein, für die man zu geizig ist, ein paar Euros zu investieren, um diese von der ständig präsenten Werbung zu befreien. Oder aber der eBookReader oder das Tablet zeigt im ungenutzten Zustand die neusten Bücher oder andere Werbung an (weil diese dann ja auch nen paar Euros billiger sind). Mein iPod oder meine Digitalkamera zeigt mir keine Werbung an. Ganz im Gegensatz zu den verschiedenen Apps, die diese Funktionen auf smarten Geräten bringen.
  • Längere Laufzeit: Der oben erwähnte MiniDisk-Rekorder spielt mit einem normalen AA-Akku mit einer Kapazität von 2000mAh mehr als 42 Stunden Musik ab. Ein alter iPod Nano kommt auf mehr als 20 Stunden. Mein Telefon macht bereits bei normaler Nutzung nach einem Tag schlapp und nötigt mich bei intensiverer Nutzung, einen externen Akku mitzuschleppen.
  • Anderes Nutzungsverhalten: Mein Nutzungsverhalten meines Smartphones hat sich komplett gewandelt, seitdem ich wieder mehrere Geräte nutze. In der Summe verbringe ich mit verschiedenen Geräten zusammen weniger Zeit mit der Nutzung, als wenn alles in einem kombiniert ist. Ich werde halt weniger durch Nichtigkeiten abgelenkt. Aber ich schalte die Geräte ja auch aus, wenn ich sie nicht nutze. Mein Smartphone schalte ich mittlerweile am frühen Abend komplett aus. Meine Musik zum Einschlafen kommt halt von einem anderen Gerät. Der positive Nebeneffekt ist, dass ich in dieser Zeit auch nicht mehr durch andere Dinge abgelenkt werde.
  • Physische Gegenstände/Medien: Einzelne Geräte mit einzelnen Funktionen sind auch einzelne, physische Gegenstände. Hier mag vielleicht ein bisschen Nostalgie mitschwingen, aber alles durch Software zu simulieren ist nicht immer die beste Lösung. Mir fällt leider grade kein besseres Beispiel als Videospiele ein: Früher gab es die fertigen Spiele auf einem Medium zu kaufen. Diese Medien funktionieren heute, 20-30 Jahre späte noch. Heute gibt es zwar noch Spiele auf Medien, aber diese sind zu einem sehr großen Prozentsatz unfertig. Jedes dieser Spiele bekommt direkt am ersten Tag ein Update, welches Fehler auf dem Medium beseitigt, das Spiel verbessert und neue Funktionen hinzufügt. Ich wage zu bezweifeln, dass ich diese Updates in 20 Jahren noch von den Herstellern werde beziehen kann. Hier gehen Kulturgüter verloren und das finde ich ziemlich traurig. Aber dies ist bei Musik schon heute der Fall. Es gibt einige, zugegeben nicht wirklich erfolgreiche Musik, die ich Ende der 90er Jahre sehr gerne gehört habe. Diese ist aber bei den Streaminganbietern und auch in den digitalen Stores nicht zu beziehen. Die einzige Möglichkeit heute an diese Musik zu kommen sind die physischen Medien, die damals produziert wurden. Wären diese, wie heute oft der Fall, nie produziert worden, würde ich heute keine Möglichkeit mehr haben, an diese Kulturgüter zu gelangen. Videospiele und Musik sind da nur zwei Beispiele…

Natürlich kann man mit den Funktionen der modernen smarten Geräte alles irgendwie ein- bzw. abstellen oder dedizierte Apps nutzen, um Funktionen komplett abzuschalten oder mir den Zugang dazu verwehren. Aber wie schlimm steht es denn um mich, wenn ich Computerprogramme nutzen muss, um mein Verhalten in gewünschte Bahnen zu lenken?

Minimalismus hin oder her… Aber wenn ich mit mehreren Geräten mehr Freunde an den einzelnen Funktionen habe, die mein Leben entschleunigen und mich achtsamer leben lassen, dann besitze ich lieber drei hoch geschätzte und viel genutzte Gegenstände mehr in meiner Wohnung, als mich von einem Gerät immer wieder, bewusst oder unbewusst, ärgern und ablenken zu lassen und mich stark von diesem anhängig zu machen.

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