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die Sucht nach Neuem

Heute war es mal wieder soweit: Meine kabellose Tastatur auf der Arbeit streikte. Eine Ausnahme war dies nicht, aber meistens konnte ich die Fehlerquellen relativ schnell beheben. So auch dieses Mal. Die Batterien waren leer. Und so holte ich mir zwei neue Batterien und machte mir wieder einmal Gedanken darüber, warum wir eigentlich keine Akkus nutzen. Dies auszuführen würde jetzt zu weit gehen, aber es warf in mir die Frage auf, warum eigentlich überhaupt eine kabellose Tastatur benutzte?

Eine Antwort hatte fand ich nicht und so beschloss ich, die kabellose Maus und Tastatur zurück in den EDV-Schrank zu legen und eine der zahllosen Mäuse und Tastaturen zu benutzen, die keiner will. Die meisten davon sind neu und ungebraucht, da diese immer bei neuen Rechnern beiliegen und nicht benutzt werden. Aber ich muss zugeben: Mir gefielen die Mäuse nicht, weil keine von ihnen fünf Tasten besitzt, die Tastatur war auch nicht flach genug und eine Handballenauflage hatte ich auch keine. Alles doof also.

Also verfiel ich in alte Muster und suchte in einem Onlineshop nach einer geeigneten Maus und Tastatur. Da es eigentlich kaum noch schnurgebundene Sets gibt, fügte ich zwei einzelne, für mich geeignet Geräte in meinen Warenkorb. Fast 90 Euro sollten die beiden Teile kosten. Inakzeptabel. Aber geeignete Alternativen gibt es kaum.

Und dann merkte ich es endlich! Es ging hier nicht um ein oder zwei geeignete Geräte, sondern darum, mal wieder etwas Neues haben zu wollen. Spielzeug sozusagen. Es liegen hier bestimmt zehn neue Mäuse und Tastaturen herum und ich suchte im Netz nach anderen Geräten … Die hier kannte ich ja alle schon…

Schon zu oft habe ich diese Sucht nach Neuem gespürt und ich würde behauten, dass diese Sucht mein größer Kontrahent beim Erreichen der gewünschten Schlichtheit ist. Immer wieder meldet sich etwas in mir, was nach neuem Spielzeug ruft. Sei es ein neuer Computer (meiner ist ja auch schon 3 Jahre alt…), eine neue Tastatur oder einfach ein neues Deo. Dabei generiert dieser Wunsch Stress und vernichtet Zeit. Denn ich muss Zeit aufwenden in geeigneten Geschäften oder Onlineshops nach diesen Dingen Ausschau halten und muss für den Erwerb Lebenszeit in Form von Arbeit opfern. Und nicht nur einmal habe ich in meinem Leben bisher den Wunsch geäußert, dass ein Artikel den Geist frühzeitig aufgibt, nur um mir etwas Neues kaufen zu können.

Woher dieses Verlangen kommt, kann ich nur vermuten. Ich denke, dass das Aufwachsen in unserer Gesellschaft und die ständige Beeinflussung durch Werbung diese Gedanken und Wünsche beeinflusst. Schaut man sich das Leben vor einigen Jahrzehnten an, ging es bei Investitionen um Langlebigkeit und eine einfache Reparatur. Doch heute geben verwenden wir Zeit und Geld darauf, Dinge zu erwerben, die in ein oder zwei Jahren schon wieder alt und „unbrauchbar“ sind, obwohl die Geräte noch funktionieren. Auch zwingt uns die Industrie durch geplante Obszoleszenz oder neuen Standards (aus DVD wird Blu-Ray, weil man sich ja diesen tollen 40 Zoll TV gekauft hat, auf dem DVDs jetzt aber nicht sooo toll aussehen) zum zeitnahen Neukauf. Von der Zeit, die man sich mit den neuen Gerätschaften beschäftigt, bis diese eingerichtet und funktionsbereit sind, möchte gar nicht erst anfangen. (Obwohl ich grade diese Tätigkeit so gerne machen…)

Wie kann man mit dieser Erkenntnis umgehen?

Ich habe in der Vergangenheit festgestellt, dass ich mehr von den Dingen „bekommt“, mit denen ich mich beschäftige. Schaue ich mir begierig jedes Prospekt eines bestimmten Geschäftes an, werde ich mit der Zeit etwas finden, dass ich „unbedingt benötige“. Oder beschäftige ich mich ständig mit den neuesten Nachrichten über einen bestimmten Computerhersteller, werde ich nicht mehr in der Lage sein, mich differenziert zu diesem Thema zu äußern und mit der Zeit das Verlangen entwickeln, ein bestimmtes Teil haben zu wollen. (Dies ist mir selbst zu oft passiert).

Auch hilft es mir, mich bewusst für ein Teil zu entscheiden. Ich benutze ein bestimmtes Deo und wenn ich keines mehr habe, gehe ich in die Drogerie und kaufe mir genau dieses wieder. Viele werden jetzt „langweilig“ denken, aber so muss ich keine erneute Entscheidung treffen. So habe für die meisten Dinge, die ich immer wieder benötige, einmal eine Entscheidung getroffen und bleibe erst einmal dabei. Durch diese Routine wird das Leben vereinfacht.

Und am Ende versuche ich mich mit den Dingen zu beschäftigen, die nicht zum Haben, sondern zum Sein tendieren. Zu diesem Bereich möchte ich mir aber in der Zukunft noch weitere Gedanken machen.

Am Ende des „Tastatur-Dilemmas“ habe ich mir eine der Tastaturen und Mäuse mit Kabel aus dem Schrank genommen und diese angeschlossen. Ja, es ist eine Umgewöhnung, aber dafür habe ich mich wieder einmal gegen die Automatismen im Kopf zur Wehr gesetzt. =)