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gelesen: “all you need ist less” von Manfred Folkers und Niko Paech

Ich weiß nicht, wie lange ich auf dieses Buch gewartet habe. Es waren aber mindestens eineinhalb Jahre. Denn bereits Ende 2018 entdeckte ich das Buch „all you need is less“* auf der Angebotsseite eines I

nternetversandhändlers.
Das neue Buch von Niko Paech, geschrieben zusammen mit Manfred Folkers, weckte nicht nur wegen den Autoren, sondern vor allem dem Untertitel mein Interesse: „Eine Kultur des Genug aus Ökonomischer und buddhistischer Sicht“.
Die Eckpfeiler der Postwachstumsökonomie waren mir zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt. Und die Aussicht, diese Gedanken mit denen der buddhistischen Lehre zu verbinden klang mehr als spannend. Im Februar 2019 sollte das Buch erscheinen.
Allerdings verstricht der Veröffentlichungszeitpunkt und auf Nachfrage, wann das Buch erscheinen würde, bekam ich vom mir geschätzten oekom-Verlag leider nur die Aussage, dass das Buch nicht erscheinen würde.
Freudigerweise sagte mir Herr Paech bei einem Vortrag Ende Januar, dass das Buch nun doch bald auf den Markt kommen würde. Endlich! Und so bat ich den Verlag um ein Rezensionsexemplar, welches ich freundlicherweise am Veröffentlichungstag im Postkasten fand. So macht ich mich ans Lesen.

Der ca. 260-seitige Band gliedert sich grob in vier Teile. Zwischen einem schriftlichem „Vorgespräch“ und „Nachgespräch“ der beiden Autoren, teilt sich das Buch in zwei Hälften: Manfred Folkers „Buddhistische Motive für eine Überwindung der Gier-Wirtschaft“ sowie Niko Paechs „Suffizenz als Antithese zur modernen Wachstumsorientierung“.

Suffizienz

Auf das Inhaltliche kann ich hier in dieser kleinen Rezension des Buches kaum eingehen. Denn das Buch ist kein Lesebuch.
Wer sich bereits einmal mit

der Postwachstumsökonomie befasst hat, wird schnell merken, dass es in diesem Werk hauptsächlich um Suffizienz geht. Suffizienz ist eigentlich genau das, was den Minimalismus ausmacht: Weniger konsumieren (im ökonomischen Sinn also auch produzieren). Es ist der wissenschaftliche Begriff für das Ausmisten, Optionen verringern, sprich: dem Genug.

Die spirituelle Sicht

Copyright: © nXm film production

Manfred Folkers nähert sich dem Thema als Dharma-Lehrer aus mehr oder weniger spiritueller Sichtweise. Auch wenn ich dem Buddhismus mit seinen Sichtweisen zugeneigt bin, so hat für mich Spiritualität immer ein leichtes Geschmäckle. Und das, obwohl ich weiß, wie wichtig sie in der Vergangenheit für uns Menschen war und wie sehr sie in unserer heutigen Zeit fehlt.
Beeindruckt hat mich an Folkers Teil die Sichtweise, dass wir als einzelner Mensch immer mit Anderen verbunden sich und auch eine gewisse Abhängigkeit besitzen. Niemand, egal wie individuell ein Mensch auf dieser Welt auch erscheinen möchte, kann unabhängig überleben. Wir sind nicht nur auf andere Menschen angewiesen, sondern vor allem auf die Natur. Also allen Lebewesen, unserer Umwelt und unserem gesamten Planeten mit all seinen verbundenen Ökosystemen. Wachstum in dem Maße, wie westliche Gesellschaften sie heute betreiben, ist dabei der ideale Nährboden für Leid. Und als mögliche Lösung für dieses Leid, erklärt der Autor in den letzten acht Kapiteln seines Teils den „Edlen Achtfachen Pfad“ des Buddhismus.

Die wissenschaftliche Sicht

Copyright: © Michael Messal

Niko Paech beschreibt im folgenden Teil Suffizenz aus wissenschaftlicher Sicht. Wie in seinem Buch „Befreiung vom Überfluss“* ist sein Aufsatz voll von neuen Sichtweisen und Denkanstößen.

Er erklärt, warum Suffizienz die wichtigste (und im Grunde einzige) Strategie für ein nachhaltiges Leben ist. Dabei streut er viel Salz in unsere heutige Lebensweise und zeigt auf, wie der heutige Hyperkonsum, also unser aller Verhalten, nicht nur die Umwelt zerstört, sondern auch unsere Psyche zersetzt. Er führt aus, woher dass allgegenwärtige „Sinnvakuum“ in uns stammt, welches Depressionen und Angststörungen bedingt und wie die fehlende Zeit und der damit verbundene Stress im Spätkapitalismus uns in den Burnout treiben. Dabei stellt er die Frage, woher wir die Legitimation für unseren Lebensstil nehmen und welche Abwehrreaktionen gegen Veränderungen aufgefahren werden.

Auf den einzelnen Menschen kommt es an

Sowohl Manfred Folkers als auch Niko Paech führen immer wieder an, dass nötige (Verhaltens)Änderungen dabei hauptsächlich auf persönlicher Ebene zu etablieren sind. Denn diese sind die dringende Voraussetzung für das Handeln der politischen und wirtschaftlichen Akteure. Sie können und werden erst handeln, wenn genug Menschen für die notwendigen Systemveränderungen sind. Um ein aktuelles Beispiel anzuführen: Wenn Menschen lieber einkaufen und verreisen wollen, anstatt die Gesundheit aller Menschen in unserer Gesellschaft zu schützen, kann und wird die Politik auch entsprechend handeln. Denn ein Handeln gegen die Interessen einer großen Mehrheit ist kaum durchsetzbar.

Diese Buch hat mich sehr beeindruckt. Auch wenn Paechs Teil, ebenso wie„Befreiung vom Überfluss“ nicht einfach zu lesen ist, so wird dessen Inhalt hier auf dem Blog und Podcast noch lange die kommenden Inhalte bestimmen. Geplant ist zudem mindesten ein Podcast zusammen mit Marco von „Ein Minimalist erzählt“. Anders ist den vielen Gedanken, die dieses Buch in mir ausgelöst hat, nicht beizukommen. Es bietet dafür einfach zu viele Anregungen. Was auch der Grund war, warum meine Rezension so lange gebraucht hat. Trotzdem ist es eine klare Empfehlung. Wenn nicht sogar das Buch, was mein Minimalist gelesen haben sollte.

Das Buch „all you need is less – Eine Kultur des Genug aus ökonomischen und buddhistischer Sicht“* von Manfred Folkers und Niko Paech ist erschienen im oekom-Verlag und kostet 20 Euro.

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