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Privatsphäre vs. Bequemlichkeit

Durch die ZDF-Doku „Manipuliert“, in der Sascha Lobo aufzeigt, wie uns Inhalte im Internet „manipulieren“, bin ich auf das Thema Datenschutz und Privatsphäre gekommen.
Wir wissen spätestens nach den Enthüllungen von Edward Snowden, wie wir und unsere Daten ausspioniert werden. Nachdem wir aber fassungslos diese Fakten aufgenommen und verarbeitet haben, passierte nicht wirklich etwas in unseren Köpfen. Das Datensammeln geht unvermindert weiter und es werden jeden Tag mehr Daten eroben und verarbeitet. Wir scheinen dies als unveränderlich hingenommen zu haben.
Denn anders kann ich es mir nicht erklären, warum wir, mich eingeschlossen, so leichtsinnig, vor allem aber freiwillig Daten über uns und unser Verhalten an private Unternehmen weitergeben.

Ein Fass ohne Boden…

Die Grundidee dieses Artikels war, dass ich aufzählen wollte, wie und wo ich an einem Tag so meine Datenspuren hinterlasse. Ich hatte auch mit dem Schreiben eines solchen Textes begonnen. Allerdings war ich im Text nicht einmal aus meinem Bett aufgestanden und die Ausführungen über meine Datenspuren waren schon mehrere Seiten lang. Deswegen werde ich hier nur kurz einige Bereiche überfliegen. Was nicht heißen soll, dass ich mich nicht weiter mit diesem Thema befassen werde. Denn eines habe ich durch meine Recherchen erfahren: Es ist ein Fass ohne Boden!

Was mein Smartphone ober mich weiß…

Zentraler Angelpunkt ist heute in unser aller Leben das Smartphone. Dass damit die unterschiedlichsten Daten und unser Verhalten erfasst wird, ist keine neue Erkenntnis. Wenn man sich aber einmal vor Augen führt, was da alles zusammenkommt, wir zumindest mir, ganz anders:
Um ein solches Telefon überhaupt normal nutzen zu können, muss ich mich schon bei der Einrichtung mit einem Google-, Apple- oder Microsoft-Account anmelden. Gerade Google erfasst und speichert dabei standardmäßig eine Vielzahl von Daten, wenn wir dies nicht von Hand in den Tiefen der Telefon-Einstellungen abschalten. Darunter wären Web- und App-Aktivitäten, wie z.B. gestellte Suchanfragen oder der Browserverlauf (es wird also jede Webseite gespeichert, die wir anklicken), der Standortverlauf (es wird ein nachvollziehbares Bewegungsprofil erstellt und gespeichert) oder Sprach- und Audioaktivitäten (es wird jede Audiosteuerung des Smartphones, wie etwa “OK Google” oder “Hey Siri” bei Apple, gespeichert). All diese Informationen kann man sich unter den „Persönlichen Daten und Privatsphäre“ in einer chronologischen Ansicht anschauen. Was schon ziemlich beängstigend ist.
Daneben gibt es natürlich noch die offensichtlichen Informationen, wie die Kontakte im Adressbuch, Kalendereinträge, die erstellen Notizen, die angesehenen Videos bei YouTube und ggf. gehörte Musik via Google Music oder die geschossenen Fotos (einschließlich der Positionsdaten) via Google Fotos…
Nutzt man dann auch noch ein E-Mail-Postfach bei dem entsprechenden Anbieter, weiß dieser im Grunde fast alles. Denn wir bekommen ja für fast jede Aktivität im Netz eine Mail als Bestätigung: Einkaufe (Amazon und Co.), Verkäufe (eBay und Kleinanzeigen) und von wem wir wann eine persönliche Nachricht bekommen haben und ggf. gleich den kompletten Inhalt (Benachrichtigungen von Facebook und Co.).
Schauen dir einfach mal deine Mails der letzten Tage an und bedenke dabei, dass diese gespeichertund eine künstliche Intelligenz der Mailabieter diese (für Werbezwecke…) analysiert und verarbeitet.

Warum lassen wir all dies mit unseren Daten machen?

Beängstigend, was man alles so über sich erfährt, oder? Aber warum gestattet man dies denn diesen privaten Firmen?
a) Damit man deren Dienste überhaupt nutzen kann und b) damit diese Dienste kostenlos nutzbar sind. Es ist ebenfalls nichts Neues, das wenn etwas kostenlos ist, man mit seinen Daten bezahlt. Zumindest in der freien Wirtschaft. Oder denkst du, dass Google, Microsoft oder Facebook alles aus reiner Nächstenliebe tun??
Daneben gibt es einen weiteren zentralen Punkt, warum wir uns nicht weiter beschweren: Weil es einfach und bequem ist. Wir müssen nicht stänsig an einen Rechner, um unsere Mails abzurufen. Wir können auf der Couch verfolgen, was unsere Freunde oder interessante Seiten für Neuigkeiten parat haben. Und wir bekommen (fast) alles was wir uns zu unserer Unterhaltung und Zerstreuung durch ein bisschen drücken und wischen auf einem Touchscreen in Sekunden geliefert.
Ein sehr anschauliches Beispiel höre ich im Bereich von Spielekonsolen immer wieder: Viele Gamer kaufen sich Spiele lieber digital, als eine physische Kopie zu besitzen. Dabei kosten die Spiele digital im besten Fall gleich viel, meist aber mehr als die Disk-Version. Dazu kommt, dass sich die digitalen Games natürlich auch nicht wieder verkaufen lassen. Und es lässt sich absehen, dass diese digitalen Kopien, was eigentlich nur ein Nutzungsrecht darstellt, in zehn oder zwanzig Jahren gar nicht mehr herunterladbar sein werden. Und warum greifen viele  Spiele also gerne bei den digitalen Versionen zu? Einige möchten keine Hüllen mehr in ihren Schränken stehen haben, was ja sehr minimalistisch sein mag. Der große Teil aber empfindet es aber als nervig, aufstehen zu müssen, wenn sie mal eben das Spiel wechseln wollen. Aufstehen, die Disk auswerfen lassen, in der entsprechenden Hülle verstauen, das nächste gewünschte Spiel einlegen und sich erst dann wieder auf die Couch fallen lassen zu können, ist vielen einfach zu viel.

Alles muss smart sein…

Wie man sieht, tappe ich schon wieder in die gleiche Falle, wie bei meinem Versuch einen „Tag in Daten“ zu beschreiben. Allein durch die inbetreibnahme eines Smartphones werden bereits so viele Daten erhoben und gespeichert, dass die Stasi ihre reinste Freude daran gehabt hätte. Und das allein nur aus dem Grund, weil wir tollen Funktionen unseres sehr teuren Smartphones nutzen wollen und diese Funktionen uns unseren Alltag vermeintlich erleichtern. (Was bei genauerer Betrachtung eigentlich nicht der Fall ist…)

Und das Smartphone ist nur eines der vielen smarten Geräte, die wir in den letzten 10 Jahren in unsere Leben gelassen haben. Fernseher wissen, was man wie lange schaut. Sei es, weil der Hersteller diese Daten aufzeichnen kann oder weil Dienstanbieter wie Netflix das Verhalten seiner Nutzer erforscht, um uns eine persönlich zugeschnittene Videoauswahl zu empfehlen. Aber will ich denn, dass eine Firma weiß, welche Dinge ich gerne im TV schaue? Und ganz nebenbei werden diese Daten natürlich auch noch dazu genutzt, um genau zugeschnittene Inhalte zu produzieren. Es wird also nur noch das produziert, was die Mehrheit auch sehen will. Was einer Art Zensur gleichkommen dürfte. Kunst wird nicht produziert um Geld damit zu verdinen.
Aber auch die Uhren an unseren Handgelenken sind mittlerweile smart. Und Zeichen munter Daten auf, die nicht einmal unsere Ärzte besitzen. Am Tag wird aufgezeichnet, wie häufig und intensiv ich mich bewege, ob ich Sport treibe. In der Nacht wird dann überwacht, ob und wie lange und wie gut ich schlafe. Dzu wird 24 Stunden lang meine Herzfrequenz aufgezeichnet. Was würde meine Krankenkasse nicht alles geben, um an diese Daten zu gelangen? Nur um mir vorzuhalten, wie ungesund ich mich verhalte. Und natürlich meine Beiträge zu erhöhen, wenn sie denn dürften. Gemacht wird dies, wenn auch in umgekehrter Form schon heute: Wer die am Handgelenk aufgezeichneten Daten übermittelt, bekommt Prämien, wie z.B. ein Fahrrad. Aber was nützt mir das Fahrrad, wenn mir in 25 Jahren vorgehalten wird, dass ich mich in meiner Lebensmitte wohl nicht genug bewegt habe und deswegen höhere Beiträge zahlen soll oder bestimmte medizinische Leistungen verwehrt bekomme. Aus aktueller Sicht denken wird, sowas wird nie passieren. Aber wenn ich jemanden vor 20 Jahren draum gebeten hätte, mir all die bisher angesprochenen Daten freiwillig mitzuteilen, dann hätte man mich wohl im besten Falle nur laut ausgelacht…

Auch hier kratze ich nur an der Oberfläche, will es damit aber an dieser Stelle für diesen Text belassen. Es werden mit Sicherheit weitere Artikel zu diesem Themenkomplex in näherer Zukunft hier entstehen.
Wie bei vielen Themen im Umfeld des Minimalismus ist auch dieses ein Nischenthema. Genau wie bei Zero-Waste, nachhaltigem Konsum oder bestimmten Ernährungsformen sind die wenigen Personen, die sich damit befassen, nicht ausschlaggebend um das ganze System zu verändern. Aber wir müssen diese Bereiche vorleben und anderen Menschen aufzeigen, was die Probleme sind und wie jeder Einzelne einen Beitrag leisten kann. Denn genau so geschiet Veränderung.

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