Psychologie
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Warum ein einfaches Leben gegen Populismus hilft

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Quelle: Wikipedia

Jetzt mal ehrlich: Warum wundert ihr euch so, dass dieser Mensch vor ein paar Tagen zum US-Präsidenten gewählt worden ist? Wenn ich nur ein paar Minuten darüber nachdenke, warum Menschen Populisten wählen, dann kann ich diese Wahlentscheidungen ziemlich gut nachvollziehen. Und soo schwer ist das auch nicht!

Auf Twitter (leider habe ich keine andere Quelle) kursiert ein Bild, dass die Wahlentscheidung der 18-25jährigen Amerikaner wiedergibt. Eine überwältigende Mehrheit stimmt demnach gegen die Ansichten des amerikanischen Populisten.

Dies ist auch nicht weiter verwunderlich. Denn diesen Menschen geht es noch finanziell gut. Sie mussten noch nicht ihr eigenes Geld verdienen und damit haushalten. Auch haben die meisten noch keine Schulden, die zurückgezahlt werden müssen.

Punkt 1: Schulden

Zwischen 18-20 Jahren schließen diese jungen Amerikaner die Highschool ab und gehen danach für 2-4 Jahren aufs Collage. Und hier ist einer der ersten Fehler im System: Diese Ausbildung kostet Geld und wer nicht aus „reichem“ Hause stammt, muss zur Finanzierung der Studiengebühren ein Darlehen aufnehmen. Die Studenten verschulden sich in frühen Jahren und das nicht zu knapp.

Glücklicherweise ist dies in Deutschland nicht so, mal abgesehen von den wieder abgeschafften Studiengebühren. Freie und kostenlose Bildung in unserem Land kann also gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Ist der Abschluss in der Tasche, eine Arbeit gefunden und die Familie gegründet, dann kauft der Amerikaner ein Haus. Natürlich hat niemand dafür das Geld in der Tasche, also kommen die Kosten auf das Schuldenkonto oben drauf.

Punkt 2: Konsum

Der Mensch braucht nicht viel zum Leben. Wasser und Nahrung, warme Kleidung, ein Dach über dem Kopf, Wärme, soziale Kontakte, Schutz. Und sind wir ehrlich: Wenn wir nur das Nötigste kaufen würden, dann wäre das Leben verdammt billig. Eine von mir hoch geschätzte Beispielrechnung für ein einfaches aber gutes Leben ist hier zu finden.

Leider reicht uns das einfache Leben nicht. Wir werden täglich mit Konsumaufrufen in Form von Werbung bombardiert. In den 80er Jahren waren es ca. 650 Werbebotschaften pro Tag, heute sind es über 10.000, bei sehr vorsichtigen Schätzungen. „Bei mir funktioniert Werbung aber nicht!“ Tut sie doch!

Daneben ist die Anzahl der Produkte und Dienstleistungen um ein vielfaches gestiegen. Und durch Werbung wird uns eingeredet, dass wir diese benötigen. Heute brauchen wir Flugreise und Urlaube, Smartphones und andere Unterhaltungselektronik, Abos für die verschiedensten Medienprodukte, hippe Kleidung, Pflege- und Beautyprodukte, Mobilität in einem weiten Umkreis und so vieles mehr.

Dazu wurde das Einkaufserlebnis in den letzten 20 Jahren dramatisch verändert*. So entstand Ende der 90er Jahre ein komplett neuer Bereich der Psychologie, der sich mit dem Kaufverhalten des Menschen befasst. Und die Erkenntnisse werden mittlerweile von gradezu jedem Geschäft und jeder Shoppingwebseite dazu verwendet, um Verläufe durch kleine, aber effektive Tricks zu steigern.

Zusammengefasst ergeben all diese Dinge, dass wir mehr wollen und mehr kaufen. Wir wollen uns mit den vielen kleinen Käufen belohnen, unseren Genuss steigern, unser Leben einfacher und komfortabler Gestalten. Oder es wird unser schlechtes Gewissen getriggert, sodass wir mehr für einzelne Produkte ausgeben, weil diese vermeintlich gesünder, nachhaltiger oder fairer sein sollen. Niemand kann sich von diesen Einflüssen freimachen. Auch ich falle leider immer wieder auf mich selbst herein.

Ich könnte noch weitere Faktoren aufzählen, die uns zum Konsum verführen. Fakt ist, dass diese Käufe nicht zum Leben notwenig sind. Wir kaufen aber trotzdem. Und das mit großer Lust und verdammt gerne!

Was haben Schulden und Konsum nun mit Populismus zu tun?

Nun… Durch Schulden und Konsum werde ich dazu gezwungen, immer mehr Geld zu verdienen. Einfach um meine Schulden zu begleichen und meine Konsumwünsche zu finanzieren.

Dies mag funktionieren, solange ich einen Job habe und mit diesem genug Geld verdiene, um alles bezahlen zu können.

Nun ist es aber so, dass die Menschen gefühlt immer weniger Geld zur Verfügung habe. Und dabei sind die Konsumwünsche in den letzten Jahren stark angestiegen. Damit meine ich schon allein die Anzahl der verschiedensten Produkte und Dienstleistungen, die wir konsumieren bzw. konsumieren wollen. Und für all dies wird Geld benötigt.

Ich hätte also gerne mehr Geld in meiner Tasche. Und wie komme ich dazu? Ich könnte mehr arbeiten, was aber sehr anstrengend, ungesund und nicht immer möglich ist. Zumal man sein ganzes Leben nicht nur mit Erwerbsarbeit verbringen kann und möchte.

Also würde ich gerne mehr verdienen. Nur ist die Realität in den allermeisten Unternehmen eine andere: Es werden an allen Enden und Ecken Kosten eingespart. Dies mündet nicht nur in gleichbleibenden Löhnen, sondern auch in der Streichung von Arbeitsstellen.

Zudem werden, anders als noch vor 50 Jahren, ein Großteil der Konsumgüter mittlerweile in Asien und Co. produziert, wodurch wiederum viele Arbeitsplätze in diese Länder gewandert sind. Heute sind es Dienstleistungen, die dank des Internets auch von billigen Arbeitskräften in Billiglohnländern übernommen werden können. Oder sie werden ganz einfach durch Computer übernommen.

Der allgemeine Tenor ist also: „Sei doch froh, dass du überhaupt noch einen Job hast!“ Und wenn ich durch Schulden noch zur Arbeit gezwungen werde, dann ist auch Jobwechsel nicht leicht und mit diversen Risiken verbunden.

Im schlimmsten Fall verliere ich einfach meinen Job. Vielleicht bin ich aber auch durch Krankheit eingeschränkt und kann einfach nicht mehr arbeiten. Dann kommt wirklich nur noch das Geld zu leben rein. Mehr nicht…

Gefühle

Was also, wenn ich nicht genug Geld habe, um meine Schulden, vor allem aber meine Konsumwünsche zu befriedigen? Was fühle ich, wenn ich mir gerne etwas schöne kaufen möchte, das Geld dafür nicht da ist? Es macht mich traurig (1).

Und wie fühle ich mich, wenn ich sehe, dass mein Kollege, mein Nachbar, meine Facebook-Freunde, fremde Menschen in den Einkaufsstraßen oder die glücklichen Personen auf den vielen hübschen Werbebildern sich genau das leisten können, was ich auch gerne haben würde? Ich werde neidisch (2).

Wie gehe ich damit um? Nun, ich kann versuchen diese negativen Gefühle auszuhalten. Über einen langen Zeitraum kann dies aber sehr frustrierend (3) sein.

Und dann höre ich noch täglich in den Nachrichten, dass wieder Arbeitsplätze abgebaut werden. Dazu kommen weitere Menschen in unser Land. Sehr arme Menschen, die wirklich Hilfe benötigen und in ihrer Heimat nicht mal mehr das Wichtigste zu Leben bekommen.

Nur lösen diese Menschen verschiedenste Ängste (4)aus: Die Kulturen sind uns fremd, teilweise unverständlich. Zudem wird Geld benötigt, um diese Menschen zu versorgen und zu integrieren. Geld, das laut anderen Medienberichten in unserem Staatshaushalt nicht vorhanden ist. Und wenn diese Menschen auf ihren eigenen Beinen stehen wollen, dann benötigen sie natürlich auch eine Arbeit. Aber ich habe je eben herausgestellt, dass Arbeitsplätze rar sind bzw. abgebaut werden. Wenn jetzt weitere Menschen in dieses Land kommen, so befürchten viele, dass diese uns ja die Arbeitsplätze wegnehmen, weil sie oft bereit sind, für weniger Geld zu arbeiten, als wir es gewohnt sind. So zumindest die Argumentation der Populisten.

Ich möchte an dieser Stelle einen Schnitt machen, denn es ließen sich hier noch weitere Gefühle und Annahmen aufführen.

Zusammengefasst kann ich also sagen, dass Menschen durch Werbung und Vorbilder dazu angehalten werden, immer mehr Geld für Konsum auszugeben. Mit Geld, das entweder knapp oder nicht vorhanden ist. Dies aber ändert nichts an dem Konsumwunsch. Dieser Umstand macht viele Menschen (1) traurig, (2) neidisch auf andere, (3) was Frust und (4) Ängste auslöst. Und sie können vermeintlich wenig bis nichts tun, um diese Lage zu verbessern und mehr Geld zur Verfügung zu haben.

Die Politik als vermeintlich einzige verbleibende Hoffnung

Die einzige Hoffnung vieler ruht darauf, dass ich etwas an diesem System ändert. Und hier kommt die Politik ins Spiel. Denn Sie ist vermeintlich als Einzige in der Lage, das oben beschriebene System zu verändern. Für viele scheint es jedoch so, als würden sich die Parteien und Politiker nur noch um die Mittel- und Oberschicht Gesellschaft, aber vor allem der Wirtschaft verpflichtet zu fühlen. Die Nähe zu den Bürgern vermissen viele Menschen.

Nun kommen die Populisten daher und präsentieren den traurigen, neidischen, frustrierten und verängstigten Menschen verständliche, gut klingende, Hoffnung machende und einfache Lösungen. Diese sind gerade für Menschen einfach zu verstehen, einleuchtend und scheinen praktikabel, die keine hohe Bildung haben und nicht mit den Zusammenhängen und Hintergründen vertraut sind. Oder denen schlicht das Wissen fehlt, wie solche Aussagen valide überprüft werden können.

Vor allem aber sind es vermeintliche Lösungen, die diesen Menschen ein besseres Leben versprechen. Und dieses bessere Leben wird unter Strich hauptsächlich durch eines ausgezeichnet: Mehr Geld in der Tasche.

Dazu kommt ein weiterer Punkt, der von eben diesen Menschen wahrgenommen wird: Es scheint, also würden diese Parteien aussprechen, was viele Menschen denken, sich aber nur wenige laut zu sagen trauen. Dies ist ein Grund, warum diese in den Wahlprognosen deutlich weniger Zustimmung bekommen, als in der tatsächlichen Abstimmung.

Nach all diesen Ausführungen kann ich also nachvollziehen, warum Menschen solche Populisten wählen. Nun hat uns aber die Geschichte schon in erschreckender Weise gezeigt, warum es falsch ist, genau diesen Parolen Glauben zu schenken. Und wenn man nur ein paar Gedanken an diese Parolen verschwendet, dann wird einem auch klar, warum diese in der Realität nicht funktionieren können.

Ich unterstelle jedem, der diesen Text bis hierher gelesen und verstanden hat, dass er oder sie kein Wähler solche Menschen oder Parteien sein kann. Eben aus den im vorherigen Absatz genannten Gründen. Ich weiß aber auch, dass viele Menschen in den oben geschilderten Problemen gefangen sind. Was also tun?

Zur Eigenverantwortung anleiten

Nun… Dass sich die Politik, selbst die vermeintlich sozialen Parteien, von den Bedürfnissen, Sorgen und Wünschen der „einfachen Leute“ entfernt hat, ist offensichtlich. Und dass eine Rückkehr zu diesen Tugenden wünschenswert wäre, brauche ich nicht zu erwähnen.

Aber ich bin kein Freund davon, sein Leben und seine Probleme durch unsere Gesellschaft lenken und bestimmen zu lassen. Demnach bin ich zu einem ziemlich großen Teil selbst in der Verantwortung über mein Leben. Dieser Gedanken mag zwar einleuchtend und vermeintlich für viele selbstverständlich sein.

Dennoch ist es aber für ebensoviele Menschen leichter, die Ursachen für ihre Probleme bei anderen und, da am einfachsten, bei den gesellschaftlichen Gegebenheiten zu suchen. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, da es sich hierbei um einen Schutzmechanismus der eigenen Psyche handelt. Denn wie soll ich meine psychische Gesundheit beibehalten, wenn ich die Ursache jedes Problems, gar meines ganzen Lebens, nur bei mir selbst suche und mir deswegen Vorwürfe mache? Es ist einfach nicht möglich und im Ganzen auch nicht wünschenswert.

Was ich aber dennoch tun kann, ist mein eigenes Verhalten beobachten und zu hinterfragen: Warum handle ich in bestimmten Situationen so und nicht anders? Warum lebe ich mein Leben so und nicht auf eine andere Weise?

Und auf die oben genannten Ursachen bedeutet dies:

Warum möchte ich Dinge kaufen, die nicht zum Leben notwendig sind?

Warum brauche ich beispielsweise ein Auto? Warum möchte ich mir Wohneigentum kaufen? Warum brauche ich jetzt genau diese neue Hose, diese DVD, diese Gesichtscreme oder dieses FastFood-Essen?

Ist es sinnvoll Schulden zu machen? Was bedeutet es eigentlich genau, verschuldet zu sein? Was sind die Konsequenzen für mein Leben? Und für meine Umwelt?

Gegen Populismus hilft nur Bildung und Eigenverantwortung

Wenn ich die Gegebenheiten in meinem Leben analysieren und mir meine Abhängigkeiten bewusst mache, dann kann ich auch aktiv agieren. Übernehme ich keine Verantwortung für mein Leben, dann bin ich darauf angewiesen, dass andere dies für mich übernehmen. Ich, mein Leben, werden zum Spielball von Anderen. Ich lasse mein Leben von der Gesellschaft bestimmten und glaube, dass nur die Politik mein Leben von außen verbessern kann. Diese Sichtweise ist einfach, sehr einfach. Aber sie wird nichts in meinem Leben verändern.

Verändern kann ich mein Leben aber dadurch, dass ich über mich, mein Verhalten und meine Lebensumstände nachdenke und sie analysiere.

Daneben benötige ich Wissen: Wissen über meine Umwelt, über meinen Körper, meine Psyche, meine Verhaltensweisen und Motive. Und Wissen über Finanzen, über gesellschaftliche und politische Verhältnisse meiner Umwelt.

Wenn ich genug Wissen über mich, mein Leben und die Gesellschaft in der ich Leben gesammelt habe, kann ich auch die Verantwortung dafür übernehmen und mein Leben selbstbestimmt und aktiv gestalten. Ohne auf Hilfe von außen abhängig zu sein. Natürlich darf ich mir Unterstützung und Hilfe holen, wenn ich an meine Grenzen stoße. Aber ich darf mich nicht komplett von dieser Hilfe abhängig machen.

Was passiert nun also mit den 18-25 jährigen, demokratisch wählenden Menschen über die Zeit?

Erst kommen die Schulden, dann der von außen aufgezwungene Konsum und nach 10 Jahren wird ihnen die Kontrolle über ihre Finanzen abhandenkommen. Sie werden zu den modernen Sklaven der Banken, welche sie dazu verdammen, immer mehr Geld zu verdienen, um ihre Verbindlichkeiten zu begleichen. Wegen der Konsumausgaben kommt es aber nie dazu, dass die Schuld endgültig beglichen wird. Zudem übersteigen die Konsumanforderungen an diese jungen Menschen ihre wirkliche Kaufkraft.

Der einzige Ausweg: Irgendwie mehr Geld in die Tasche bekommen. Und das in einer Zeit, in der Löhne nicht mehr steigen und Jobs abgebaut werden. Weil sie keine Handlungsmöglichkeiten mehr sehen, werden sie anfangen zu glauben, sie seien auf Hilfe von außen, also der Politik, angewiesen. Diese scheint sich aber nicht um sie zu kümmern und ihre Sorgen und Ängste nicht zu verstehen.

Und dann kommt eine Partei oder eine Persönlichkeit, welche in ihnen die Hoffnung weckt, dass sich ihr Leben, ihre missliche Lage, verbessern wird. So zumindest das Wahlversprechen. Und da sie keine andere Möglichkeit sehen, setzen sie ihre Hoffnung auf ein verbessertes Leben auf diese Versprechen und machen das Kreuz an der entsprechenden Stelle. Und wer kann es ihnen verübeln? Welche andere Wahl haben sie den?

Wir ersticken an unserem eigenen Wohlstand! Aber ich glaube, dass will eigentlich niemand.

Genau deswegen ist diese Statistik zwar schön anzusehen, lässt aber keine Vorhersage auf die Zukunft zu. Das Leben bringt sie dazu, sich und ihre Ansichten zu verändern. Und wenn diese Personen keine Bildung und kleine Anleitung zu einem Eigenverantwortlichen Leben bekommen, dann werden sie irgendwann zu nichts anderem in der Lage sein, als solche Populisten zu wählen. Denn es ist ihre einzige Hoffnung.

Deswegen sollte ein einfaches Leben, Minimalismus, reduzierter Konsum und Postwachstumsökonomie nicht nur Randphänomen sein. Denn es wir immer offensichtlicher, dass wir so wie bisher unsere Gesellschaft nicht weiter voranbringen können.

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