das Buch-Paradoxon
Am vergangenen Samstag bin ich mal wieder ganz klassisch in eine kleine Buchhandlung gegangen und habe mir ein Buch gekauft. Einfach so, weil mir das Cover sowie der Klappentext gefallen hat und ohne im Netz Bewertungen oder wen Wiederverkaufswert zu ermitteln. So bin ich auf dem Rückweg auf ein erstaunliches Paradoxon gestoßen.
Wie bemisst sich der Wert eines Buchs? Durch den Inhalt? Durch die persönliche Relevanz? Durch die Gestaltung? Durch die Physikalität?
Im Grunde geht es ja um den Inhalt, weswegen ich zu einem Buch greife. Ich werde, durch das Cover, die Bewertungen und die persönliche oder computergenerierte Empfehlung darauf aufmerksam und interessiere mich für dieses Buch. Ist nun noch der Preis, in Form von Geld und/oder Zeitaufwand für das Lesen gerechtfertigt, dann greife ich zu. Ich zahle also beispielsweise 10 Euro für den Konsum des geschriebenen Werkes.
Das Paradoxon beginnt an der Stelle, an der ich mich entscheide, dieses Buch wieder loszuwerden: Nach dem Lesen hat ein durchschnittliches Buch im Grunde keinen Wert mehr für mich. Ich könnte es also einfach entsorgen, da ich die Geschichte gelesen oder die Fakten verinnerlicht habe. Das gleiche Buch steht aber weiterhin im Laden für den vollen Preis zum Kauf. Demnach muss es ja für andere Menschen noch einen gewissen Wert besitzen, weshalb ich es nicht einfach in den nächsten Altpapiercontainer schmeißen möchte.
Also entschließe ich mich, dieses Buch zu verkaufen. Nach einigen Recherchen stelle ich vielleicht fest, dass dieses Buch auf dem Markt nicht mehr so gefragt ist und vielleicht noch einen Euro wert ist. Hier findet nun eine Abwertung von 9 Euro satt. Wenn ich dies bemerke, machte sich in mir lange Zeit eine Trotzreaktion breit. „Wieso soll ich das Buch denn überhaupt verkaufen, wenn ich doch jetzt nur noch einen Euro dafür bekomme. Dann behalte ich es lieber.“
Genau hier zeigt sich das Buch-Paradoxon: Ich habe das Buch gekauft, um den Inhalt lesen zu können. Hier war es mir 10 Euro wert. Nachdem ich es gelesen habe, hat es aber nur noch einen imaginären Wert von 10 Euro. Deshalb mag ich es auch nicht für nu einen Euro verkaufen, es kostet ja schließlich im Laden 10.
In diesem Moment verwechsel ich zwei verschiedene Dinge: Ich vertausche den Wert, den der Inhalte des Buches für mich vor dem Lesen darstellte, mit dem des physischen Objektes, der nach dem Konsum übrig geblieben ist. Dies sind zwei unterschiedliche Wertedimensionen, die ich hier miteinander vergleiche. Natürlich passt dies nicht zusammen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Preis des Marktes nicht unbedingt dem des Geschäftes entsprechen muss, in dem ich es gekauft habe.
Was also tun, wenn ich das Buch eigentlich nicht mehr benötige, aber es für den Preis nicht abgeben möchte?
Ganz einfach: Ist der Inhalt oder die physische Gestalt dieses Buches für mich und mein Leben so wichtig, dass ich dieses Buch unbedingt im Schrank aufbewahren muss?
Für die meisten Bücher konnte ich diese Frage verneinen. Also kamen diese Bücher weg. Sie wurden, vielleicht auch nur für ein paar Euros verkauft, an mir wichtige Personen verschenkt, der hiesigen Bücherei gespendet oder in öffentlichen Bücherschränken ausgesetzt.
Aber was, wenn ich dieses Buch irgendwann nochmals brauche oder lesen möchte?
Ich kenne nur sehr wenige Bücher, die ich nicht in öffentlichen Bibliotheken leihen oder in Internetauktionshäusern oder -shops für kleines Geld kaufen würde, falls dieser Fall eintreten sollte. Und bei mir ist die auch nach Jahren noch nie der Fall gewesen.
Aus diesem Grund beziehe ich die meisten Bücher auch in den drei öffentlichen Büchereien bei denen ich Mitgleid bin oder gleich auf dem Gebrauchtmarkt. Wobei ich ab uns zu gerne in eine Büchhandlung gehe und dann auch gerne mal, ohne groß drüber Nachzudenken ein Buch kaufe. Einfach weil es so schön ist und ich den Geruch von neuen Büchern liebe.
Übrigens gilt dieses Paradox nicht nur bei Büchern, sondern für fast alle alltägliche Medien, wie Zeitschriften, Datenträgern mit Filmen oder Videospielen oder anderen physisch erwerbbaren Konsumgütern.