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Kein Bücherregal

Neulich sah ich eine biographische Serie über den Menschen Bill Gates. Eines der Interviewschnipsel zeigte Gates vor einem riesigen Bücherregal. Ein imposanter Anblick. Und ich nehme der ganzen Dokumentation auch ab, dass all diese Bücher gelesen wurden.

Schon immer faszinierten mich Regale voller Bücher. Vor allem, wenn es nicht meine eignen sind. Zu Besuch bei einem belesenen Bekannten hätte ich mich stundenlang mit seinen drei gefüllten Regalen voller Sachbücher blättern können. Und nicht zuletzt hinterließ diese große Bewunderung bei mir. Weil ich wusste, dass alle Werke gelesen wurden.

Bei mir sind solche Regale nicht zu finden. Zu großflächig, zu schwer, zu umständlich beim Umziehen. Trotzdem lese ich viel. Aktuell wieder lieber digital. Was vermutlich an dem 1100-seitigen Machtwerk „Herrschaft der Dinge“* liegt.

Eigentlich schade! Denn wenn ich heute für eine Dokumentation interviewt und gefilmt werden würde, dann könnte ein volles Regal sehr imposant im Hintergrund aussehen. Ich kann ohne auch keine Besucher meiner Wohnung beeindrucken. Oder Bilder mit nach Größe, Thema bzw. Farbe sortierten Buchrücken bei Instagram posten. Was wohl ebenso nur dazu nutzt, andere zu beeindrucken.

Habe ich deswegen so viele Rezensionen in den letzten Beiträgen hier im Blog gepostet? Leider nein. Nicht jedes von mir gelesene Buch schafft es in Textform auf diesen Weblog. Vermutlich war es nur eine einfache Form, etwas auf‘s digitale Papier zu bekommen. Auch die Video- und Podcastbeiträge sind in Erstellung nicht so anstrengend wie das Tippen eines wohlüberlegten Textes.

Aber sind nicht solch gehaltvolle Beiträge das, was das Internet grade in unserer heutigen Zeit ausmachen sollte? Anstatt massenweise Kleinkram in den sozialen Netzen zu posten?

Vermutlich haben auch meine Aufmerksamkeitsspanne und Frustrationstoleranz in den letztem 10 Jahren abgenommen. Durch soziale Medien, größere Auswahl in allem und dadurch entstehenden Zeitdruck und Orientierungslosigkeit.

Durch diese Überlegungen bin ich erst dazu gekommen, diesen Post zu schreiben. Überhaupt wieder zu schreiben. Schon seit Wochen arbeite ich an einer neuen Auflage meines Buches zu diesem Blog, indem ich alle relevanten Texte dieser Seite zusammenbringe und komplett überarbeite. Daneben arbeite ich auch endlich an einem lange vor mich hergeschobenen Buchprojekt.

Eben schnell ein Bild in die sozialen Netze posten, 5 Minuten ein Video oder Podcast aufnehmen. Nette Zwischentätigkeiten. Aber es ist wie mit Fastfood: Es gaukelt mir vor, etwas Gehaltvolles gegessen zu haben. Dabei werde ich nach kurzer Zeit schon wieder hungrig. Und nach dem Essen fühle ich mir eher übersättigt, als lebendig.

Deswegen gibt es heute kein Bild von meinem Bücherregal. Sondern diese kleinen Gedanken zum fertigdenken. Ich bin gespannt, wo der dich und mich hinführen wird!

gelesen: „all you need ist less“ von Manfred Folkers und Niko Paech

Ich weiß nicht, wie lange ich auf dieses Buch gewartet habe. Es waren aber mindestens eineinhalb Jahre. Denn bereits Ende 2018 entdeckte ich das Buch „all you need is less“* auf der Angebotsseite eines I

nternetversandhändlers.
Das neue Buch von Niko Paech, geschrieben zusammen mit Manfred Folkers, weckte nicht nur wegen den Autoren, sondern vor allem dem Untertitel mein Interesse: „Eine Kultur des Genug aus Ökonomischer und buddhistischer Sicht“.
Die Eckpfeiler der Postwachstumsökonomie waren mir zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt. Und die Aussicht, diese Gedanken mit denen der buddhistischen Lehre zu verbinden klang mehr als spannend. Im Februar 2019 sollte das Buch erscheinen.
Allerdings verstricht der Veröffentlichungszeitpunkt und auf Nachfrage, wann das Buch erscheinen würde, bekam ich vom mir geschätzten oekom-Verlag leider nur die Aussage, dass das Buch nicht erscheinen würde.
Freudigerweise sagte mir Herr Paech bei einem Vortrag Ende Januar, dass das Buch nun doch bald auf den Markt kommen würde. Endlich! Und so bat ich den Verlag um ein Rezensionsexemplar, welches ich freundlicherweise am Veröffentlichungstag im Postkasten fand. So macht ich mich ans Lesen.

Der ca. 260-seitige Band gliedert sich grob in vier Teile. Zwischen einem schriftlichem „Vorgespräch“ und „Nachgespräch“ der beiden Autoren, teilt sich das Buch in zwei Hälften: Manfred Folkers „Buddhistische Motive für eine Überwindung der Gier-Wirtschaft“ sowie Niko Paechs „Suffizenz als Antithese zur modernen Wachstumsorientierung“.

Suffizienz

Auf das Inhaltliche kann ich hier in dieser kleinen Rezension des Buches kaum eingehen. Denn das Buch ist kein Lesebuch.
Wer sich bereits einmal mit

der Postwachstumsökonomie befasst hat, wird schnell merken, dass es in diesem Werk hauptsächlich um Suffizienz geht. Suffizienz ist eigentlich genau das, was den Minimalismus ausmacht: Weniger konsumieren (im ökonomischen Sinn also auch produzieren). Es ist der wissenschaftliche Begriff für das Ausmisten, Optionen verringern, sprich: dem Genug.

Die spirituelle Sicht

Copyright: © nXm film production

Manfred Folkers nähert sich dem Thema als Dharma-Lehrer aus mehr oder weniger spiritueller Sichtweise. Auch wenn ich dem Buddhismus mit seinen Sichtweisen zugeneigt bin, so hat für mich Spiritualität immer ein leichtes Geschmäckle. Und das, obwohl ich weiß, wie wichtig sie in der Vergangenheit für uns Menschen war und wie sehr sie in unserer heutigen Zeit fehlt.
Beeindruckt hat mich an Folkers Teil die Sichtweise, dass wir als einzelner Mensch immer mit Anderen verbunden sich und auch eine gewisse Abhängigkeit besitzen. Niemand, egal wie individuell ein Mensch auf dieser Welt auch erscheinen möchte, kann unabhängig überleben. Wir sind nicht nur auf andere Menschen angewiesen, sondern vor allem auf die Natur. Also allen Lebewesen, unserer Umwelt und unserem gesamten Planeten mit all seinen verbundenen Ökosystemen. Wachstum in dem Maße, wie westliche Gesellschaften sie heute betreiben, ist dabei der ideale Nährboden für Leid. Und als mögliche Lösung für dieses Leid, erklärt der Autor in den letzten acht Kapiteln seines Teils den „Edlen Achtfachen Pfad“ des Buddhismus.

Die wissenschaftliche Sicht

Copyright: © Michael Messal

Niko Paech beschreibt im folgenden Teil Suffizenz aus wissenschaftlicher Sicht. Wie in seinem Buch „Befreiung vom Überfluss“* ist sein Aufsatz voll von neuen Sichtweisen und Denkanstößen.

Er erklärt, warum Suffizienz die wichtigste (und im Grunde einzige) Strategie für ein nachhaltiges Leben ist. Dabei streut er viel Salz in unsere heutige Lebensweise und zeigt auf, wie der heutige Hyperkonsum, also unser aller Verhalten, nicht nur die Umwelt zerstört, sondern auch unsere Psyche zersetzt. Er führt aus, woher dass allgegenwärtige „Sinnvakuum“ in uns stammt, welches Depressionen und Angststörungen bedingt und wie die fehlende Zeit und der damit verbundene Stress im Spätkapitalismus uns in den Burnout treiben. Dabei stellt er die Frage, woher wir die Legitimation für unseren Lebensstil nehmen und welche Abwehrreaktionen gegen Veränderungen aufgefahren werden.

Auf den einzelnen Menschen kommt es an

Sowohl Manfred Folkers als auch Niko Paech führen immer wieder an, dass nötige (Verhaltens)Änderungen dabei hauptsächlich auf persönlicher Ebene zu etablieren sind. Denn diese sind die dringende Voraussetzung für das Handeln der politischen und wirtschaftlichen Akteure. Sie können und werden erst handeln, wenn genug Menschen für die notwendigen Systemveränderungen sind. Um ein aktuelles Beispiel anzuführen: Wenn Menschen lieber einkaufen und verreisen wollen, anstatt die Gesundheit aller Menschen in unserer Gesellschaft zu schützen, kann und wird die Politik auch entsprechend handeln. Denn ein Handeln gegen die Interessen einer großen Mehrheit ist kaum durchsetzbar.

Diese Buch hat mich sehr beeindruckt. Auch wenn Paechs Teil, ebenso wie„Befreiung vom Überfluss“ nicht einfach zu lesen ist, so wird dessen Inhalt hier auf dem Blog und Podcast noch lange die kommenden Inhalte bestimmen. Geplant ist zudem mindesten ein Podcast zusammen mit Marco von „Ein Minimalist erzählt“. Anders ist den vielen Gedanken, die dieses Buch in mir ausgelöst hat, nicht beizukommen. Es bietet dafür einfach zu viele Anregungen. Was auch der Grund war, warum meine Rezension so lange gebraucht hat. Trotzdem ist es eine klare Empfehlung. Wenn nicht sogar das Buch, was mein Minimalist gelesen haben sollte.

Das Buch „all you need is less – Eine Kultur des Genug aus ökonomischen und buddhistischer Sicht“* von Manfred Folkers und Niko Paech ist erschienen im oekom-Verlag und kostet 20 Euro.

Brauche ich das wirklich?? – Doppelt Einfach Spezial mit Marco

Ich freue mich, heute eine spezielle Ausgabe von Doppelt Einfach zu veröffentlichen. Denn heute sprechen Marco und ich live und (Klang)Farbe über das Thema, ob und was wir wirklich brauchen!

Maros heutige Folge, in der ich zugast bin, findet ihr in seime Podcastfeed! 🙂


Marcos Podcast findet ihr überall und hier: https://www.podcast.de/podcast/616136/ Ebenso ist er auf Instagram vertreten: @marco_ein_minimalist. Per eMail erreicht ihr ihn unter: eme2006@tutnota.de

gelesen: „small is beautiful“ von Ernst F. Schumacher

In den letzten Wochen und Monaten lese ich ein Buch nach dem Anderen. Darum gibt es auf dem Blog und im Podcast aktuell so viele Buchbesprechungen und -gedanken. So wie heute. Auch wenn ich mit dieser kleinen Rezension dem vorzustellenden Buch kaum gerecht werden kann.

„Small is beautiful – die Rückkehr zum menschlichen Maß“ von Ernst F. Schumacher* erschien bereits im Jahr 1973 (auf deutsch 1979). Was mich zuerst abschreckte, dann verwunderte. Allerdings beschäftige ich mich aktuell viel mit den Hintergründen der Postwachstumsökonomie. Und dort ist Schumachers Buch eine der Quellen, auf die sich oft bezogen wird.

Im Jahr vor erscheinen war der vielbeachtete Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome erschienen und rüttelte an den Grundsätzen unseres Wachstumsglaubens. Weiter wie bisher könne es nicht gehen.

Schumacher wirft in seinem Buch einen Blick auf das damalige (wie heutige) Wirtschaftssystem sowie die Wirtschaftswissenschaften und zieht die Verbindung zu der ökologischen Ausbeutung unserer Welt. Wir haben uns von unseren Wurzeln, der Verbindung zur Natur und dem menschlichen Maß immer weiter gelöst. Hin zu einem Glaubenssystem, in dem nichts wichtiger ist, als der Profit und das Wachstum.

Als einen Grund stellt der Autor im Laufe des Buches das Verschwinden einer vormals allgegenwärtigen Ethik oder Metaphysik (welche hauptsächlich durch Religion vermittelt wurde) heraus. Dadurch werden heute fast sämtliche Entscheidungen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden. Das merke ich selbst, wenn ich mir eine gebrauchte Serienstaffel lieber für 2€ weniger in einem großen Internetshop, als beim örtlichen Kleinhändler in der Innenstadt kaufe. Welcher Kauf wohl „besser“ für die Umwelt und die Menschen um mich herum ist??

Wie wir es von Niko Paechs Ausführungen zur Postwachstumsökonomie kennen, so schlägt Schumacher als Lösung unserer ökologischen und gesellschaftspolitischen Probleme eine radikale Reduzierung und Verkleinerung vor. Der Autor bezieht sich dabei natürlich auch auf unsere westliche Gesellschaft. Vor allem die Wachstumsaussichten und das sich schon abzeichnende Schwinden von natürliche Ressourcen, welche bereits der Club of Rome vorhersagten, die stellte Schumacher heraus.

Er zeigt jedoch in einem kompletten Kapitel Möglichkeiten für die Entwicklungshilfe der Dritten Welt auf. Erschreckenderweise wären diese vorgeschlagenen Vorgehensweisen heute für unsere Gesellschaft wichtiger den je. Denn spätesten mit der fortschreitenden Digitalisierung und der damit einhergehenden Rationalisierung von Arbeitsplätzen und vermehrt prekären Beschäftigungsverhältnissen, wird die Schere zwischen arm und reich weiter auseinandergehen. Deswegen fordern grade heute viele wieder eine „Produktion der Massen“ statt der „Massenproduktion“.

Alle Themen und Thesen dieses wunderbaren Buches in Gänze zu besprechen, würde bei weitem den Rahmen sprengen. Deswegen möchte ich die Lektüre von „Small is beautiful“ all jenen empfehlen, die sich bereits mit der Postwachstumsökonomie auseinandersetzte haben und ihr Wissen dahingehend vertiefen möchten. Obwohl das Buch bald 50 Jahre alt wird, ist es trotzdem sehr gut zu lesen. Und die Einleitung von Niko Paech schafft die Verbindung Schumachers Ausführungen mit unseren heutigen Problemen.

Das Buch „Small ist beautiful“ von Ernst F. Schumacher* ist erschienen im Oekom Verlag und kostet als kompaktes Hardcover 22€. In meiner Bücherei war das Buch aber auch in eine alten Ausgabe entleihbar.